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Über uns

Wir wurden im April 2016 von Malte Göbel für die Taz interviewt, der Artikel über uns ist am 20.6.2016 erschienen. (pdf)


Wir gaben ein Audiointerview (mp3) (ogg) beim Freien Radio Salzkammergut. Es ist im Rahmen des Bock Ma's Benefiz Festivals 2008 entstanden.


Wie viele Menschen spielen bei Früchte des Zorns, und in welcher Besetzung spielt ihr?

Seit Ende 2012 sind wir wieder zu dritt und zwar: Mogli (Gesang und Gitarre), Anke (Geige, Posaune, Bratsche, Gesang), Hannah (Schlagwerk, Gesang).

Erzählt mal ein bisschen über die Geschichte von Früchte des Zorns. Wann habt ihr euch gegründet, was habt ihr schon veröffentlicht, gab es schon Besetzungswechsel?

Gegründet haben wir uns Anfang 1999 als Duo (Mogli und Anke) vor dem Haupteingang des Altonaer Bahnhofs. Im darauffolgenden Sommer versuchten wir uns ein bisschen in Kneipen und in der U-Bahn und bekamen Kontakt zur Rotzfrechen Asphalt-Kultur (RAK). Im Oktober 1999 hatten wir unser erstes Konzert in der Roten Flora in Hamburg, und Ende 2000 haben wir mit einfachsten Mitteln unsere erste CD (In meinem Kopf ist eine Bombe) aufgenommen. Es kam zwischen uns aber immer wieder zu Konflikten, die sich nicht klären ließen. Am Ende der ersten Aufnahme waren wir völlig zerstritten und versuchten, uns möglichst aus dem Weg zu gehen.
Im Februar 2001 gründeten wir dann zusammen mit anderen Menschen das Kleinkunstpunk-Projekt Revolte Springen. Die gemeinsame "Arbeit" bei der Revolte veränderte unseren Umgang miteinander. Wir näherten uns wieder einander an und entschieden uns dafür, das Projekt "Früchte des Zorns" mit einer letzten CD "zu Grabe zu tragen".
Wir fragten Hannah, die wir bei Revolte Springen näher kennengelernt hatten, ob sie nicht Lust hätte, bei den Aufnahmen Schlagzeug zu spielen. Sie hatte Lust, und seitdem sind wir zu dritt.
Im Februar 2003 brachten wir zusammen die CD "zwischen leben und überleben" raus. Bei den Aufnahmen hatten wir soviel Spaß miteinander, dass daraus ein Neuanfang wurde. Im März 2005 veröffentlichten wir dann die Single "Das Herz ist ein Muskel in der Größe einer Faust" und darauf folgte 2007 das Album "Wie Antennen in den Himmel". 2010 veröffentlichten wir unser aktuelles Album "Unter unserer Haut". Seitdem haben wir viel überlegt in welche Richtung es mit uns weiter gehen soll und wohin wir uns entwickeln möchten, und genau während dieses Prozesses sind wir dann über Kaya "gestolpert", die dann Anfang 2011 viertes Bandmitglied wurde. Kaya hat uns sehr bereichert, in der Zeit mit ihr sind einige wunderschöne Stücke entstanden. Leider haben sich unsere Wege bald wieder getrennt, weil Kaya Berlin verlassen wollte. So sind wir seit Ende 2012 wieder zu dritt.

Mittlerweile kennen euch ja eine ganze Menge Leute. Was macht das mit euch, verändert sich was?

Früchte des Zorns sind ein ganzes Stück größer geworden als vor 12 Jahren. Und zwar nicht nur in der Bandbesetzung. Zu unseren Konzerten kommen deutlich mehr Besucher_innen und es passiert immer mal wieder, dass die Räume nicht genug Platz bieten. Wir sind in den letzten Jahren manchmal gefragt worden, ob wir das ganze nicht etwas „professioneller“ aufziehen wollen und in Zukunft verstärkt oder an größeren Orten spielen wollen. Und obwohl wir im Augenblick sicher eine Weile von unserer Musik leben könnten, haben wir uns bewusst dagegen entschieden. Wir finden es weiterhin gut, die Überschüsse aus unseren CD-Verkäufen an emanzipatorische Projekte zu spenden. Wir möchten weiterhin bevorzugt an linken Orten, in Squats und auf Wagenplätzen Musik machen und freuen uns, wenn wir dort auch mal Besucher_innen hinziehen können, die sonst Berührungsängste mit der Szene haben. Es ist uns wichtig, Verbindungen herzustellen, und daher wollen wir gar nicht auf „professionelle“ Konzertorte ausweichen. Außerdem machen uns kleinere Konzerte meistens viel mehr Spaß, weil dort oft eine besonders intensive Atmosphäre entsteht, die bei größeren Auftritten, besonders mit elektrischer Verstärkung, nicht so leicht zu Stande kommt. Wir sind ganz glücklich dort, wo wir gerade sind.

Findet ihr es angesichts der gesellschaftlichen Realität überhaupt sinnvoll, Musik zu machen?

Musik allein hat noch keine Gesellschafts"ordnung" umgeworfen. Aber beim Musikhören packen Dich Gefühle, Du spürst, dass Du lebst. Über die Musik lassen sich Inhalte erzählen; es finden sich Leute zusammen, denen diese etwas sagen und die sich darüber austauschen. Dies fördert die Kommunikation sowie das Gefühl und Wissen, nicht allein zu sein.
Unsere Lieder sind die Verknüpfung von Texten, in denen wir klar benennen wollen, was uns quält, und einer Musik, die emotional berührt. Unsere Musik als Früchte des Zorns zeigt uns mit unserer Trauer und unserer Wut angesichts des alltäglich Gesehenen und Erlebten, wie zum Beispiel rassistische oder sexistische Übergriffe. Durch E-Mails und Briefe wissen wir, dass es viele Menschen gibt, die sich in unseren Texten und der Musik wiederfinden. Wir fühlen uns voneinander verstanden. Das ist der erste Schritt.
Nun kommt's drauf an, was mensch damit macht. Trauer und Wut – und die Benennung derselben – können Impulse geben, etwas zu verändern. Es geht nicht darum, den Frieden in Dir selbst in einer katastrophalen Umwelt zu finden, sondern die Ursachen für das Elend herauszukristallisieren, um sie zu bekämpfen und zu "beheben". Leider gibt's dafür kein Patentrezept.
Für uns ist auch wichtig, herauszufinden, was wir eigentlich wollen, und was uns das Leben lebenswert macht.

Wie entsteht denn bei euch ein Song und wer schreibt die Texte? Macht das eine_r alleine oder macht ihr das immer zusammen? Gibt es zuerst den Text und dann wird die Musik dazu gemacht, oder ist das bei euch umgekehrt?

Meistens schreibt Mogli einen Liedtext und bringt den als fertig geschriebenes Lied mit Melodie oder als Fragment mit zur Probe. Entweder finden Anke und Hannah es sofort gut, oder es wird erstmal darüber diskutiert und verändert oder verworfen. Wenn dann alle einigermaßen zufrieden sind, setzen wir uns an die musikalische Umsetzung, die stärker von Anke und Hannah getragen wird. Dabei schreiben wir keine Partitur, sondern versuchen, über Improvisationen und gegenseitige Vorschläge die Stimmung eines Liedes zu greifen und zu einer musikalischen Form zu finden, die die Texte bestmöglich unterstützt und die ihren Teil zur Fühlbarkeit der Musik beiträgt.

Ich weiß, dass zumindest einige von euch außer bei Früchte des Zorns z.B. auch noch bei Revolte Springen mitmachen. Gibt es sonst noch irgendwelche Projekte, in denen ihr aktiv seid?

Es gibt eine Menge anderer Projekte, in denen wir aktiv sind, wie z. B.: unsere Wohnzusammenhänge, Beziehungen, Freundschaften oder Politgruppen. Außerdem machen wir auch noch mit anderen Menschen Musik, z.B. in der RAK.

Ihr habt ja bisher all eure Tonträger selbst rausgebracht und trotzdem steht drauf "ab dafür! records". Was ist ab dafür! records?

Ab dafür! records ist kein Label im eigentlichen Sinne, sondern ein Netzwerk befreundeter Bands und Projekte. Wir geben unsere CDs untereinander weiter und verkaufen CDs von den anderen Projekten bei Konzerten. Mitglieder bis jetzt sind z. B. Yok, Revolte Springen, Konny, Geigerzähler und einige andere. Das sind alles Bands, die ihre Musik (auch) als politisches Ausdrucksmedium von und für linke(n) Subkulturen sehen. Dieses Netzwerk soll nicht der möglichst guten Vermarktung im kapitalistischen (oder sonst wie Geld scheffeln wollenden) Sinne dienen, sondern zu einer möglichst weiten Verbreitung der Musik und ihrer Inhalte zu fairen Preisen führen.
Diese Art von gegenseitiger Unterstützung ist für uns wesentlich wertvoller und angenehmer als ein Label, oder sonst wer, der uns irgendwie vorschreiben möchte, was für Musik wir machen sollen. Wir entscheiden selbst, für wen und zu welchen Konditionen wir spielen. Wir machen die gesamte Produktion selbst: Wir entscheiden, wie die Stücke aufgenommen, gemischt und gemastert werden, machen das Layout selbst und suchen uns Druckerei und Presswerk aus.
Als Früchte des Zorns ist uns übrigens auch wichtig, alle Stücke kostenlos auf unserer Internetseite anzubieten. No copy kills music – capitalism kills music!

Wie geht es denn bei euch weiter?

Wir sind ja nun seit einer Weile wieder zu dritt und sind dabei, neue Touren zu planen und an neuen Songs zu schrauben. Bis wir unser nächstes Album fertig haben, wird sicher noch ein gutes Jahr verstreichen. Wir wollen uns gerade auch keinen Stress damit machen. Gute Songs entstehen nicht unter Druck, und das Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht. Und wir wollen uns ja nicht die ganze Zeit wiederholen. Wir sind gerade viel am Ausprobieren und haben total Lust darauf, was zusammen zu machen. Und wir haben sicher noch Lust, das viele Jahre weiter zu machen.

[Stand Frühjahr 2013]



zuletzt aktualisiert am 02.12.2020